Chapter 846: Einen Schritt wagen (Kap.847) - Die Wiedergeburt von Omega - NovelsTime

Die Wiedergeburt von Omega

Chapter 846: Einen Schritt wagen (Kap.847)

Author: JHeart
updatedAt: 2025-11-04

CHAPTER 846: EINEN SCHRITT WAGEN (KAP.847)

**Die Stille wurde drückender, je tiefer sie sich in den Wald wagte.** Die feuchte Erde knirschte leise unter ihren Stiefeln, und sie begann instinktiv, ihre Schritte zu dämpfen. Die Bäume waren hier dichter und mächtiger, und der Geruch von Moos und feuchtem Erdreich hatte an Intensität zugenommen.

Neveah ließ ihren Blick aufmerksam durch die Umgebung gleiten, doch es gab keinerlei Anzeichen dafür, was die Quelle des seltsamen Lichts gewesen sein könnte. Auch Spuren, die auf etwas Ungewöhnliches hindeuteten, fand sie nicht.

**Hatte sie zu viel hineininterpretiert?** Hatte sie so lange auf ein Zeichen gewartet, dass ihr Verstand begann, eigene Geheimnisse heraufzubeschwören?

Sie hatte das Licht nur aus ihrer Erinnerung heraus verfolgt, geleitet von der groben Richtung, die sie von der Terrasse aus erahnt hatte. Dennoch schien sie sich mit einer Leichtigkeit, die sie sich nur durch ihre Erinnerung erklären konnte, durch den Wald zu bewegen.

**Sie kannte diesen Ort.** Und sie kannte ihn gut. Sie wusste genau, welche Pfade sie meiden musste, um nicht auf patrouillierende Wachen zu stoßen. Sie kannte Abkürzungen um Sackgassen und wusste präzise, welche Wege sie nehmen musste, um ihr Ziel zu erreichen.

Neveah hatte das Zeitgefühl verloren, seit sie den Wald betreten hatte, doch sie war bereits ein gutes Stück vorangekommen. Als sie über ihre Schulter zurückblickte, war der Eclipse-Palast nur noch als ferne Silhouette zu erkennen.

Viel Zeit blieb ihr nicht mehr. Alessio würde bald merken, dass sie fort war, und er würde nach ihr suchen.

**Und er würde nicht allein kommen.** Die Patrouillen und Palastwachen würden den Wald durchkämmen, und einige von ihnen würden Alessios Zorn zu spüren bekommen – allein wegen der Tatsache, dass sie ihr Verschwinden nicht rechtzeitig bemerkt hatten.

In der ersten Woche, nachdem sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, war Neveah schnell klar geworden, dass Alessios Strafen nicht sie selbst trafen, wenn sie etwas tat, das ihm missfiel, sondern andere.

Er hatte es nie ausgesprochen, aber es war ihr nicht entgangen, dass nach ihrem ersten Versuch, sich in den Wald zu schleichen, völlig andere Wachen den Palast beschützten.

Und sie hatte den beißenden, metallischen Geruch nicht übersehen können, den Alessio an jenem Abend mit sich gebracht hatte, als er ihr eine gute Nacht wünschte.

An vieles konnte sie sich nicht erinnern – an viele Teile ihrer Vergangenheit –, doch der Geruch von Blut war unauslöschlich. **Einmal erkannt, würde sie ihn überall wiedererkennen.**

Dennoch hatte sie es nicht gewagt, voreilige Schlüsse zu ziehen, geschweige denn Anschuldigungen zu machen. Sie wusste zu wenig, um ihren Vermutungen Substanz zu geben. Alessio hatte sich ihr gegenüber nie etwas zuschulden kommen lassen, das seinen Charakter direkt infrage stellte.

Aber sie blieb wachsam. Den Palast zu verlassen und sich in den Wald zu wagen, ohne die eigene Lage zu begreifen, würde weder Antworten bringen noch von Nutzen sein.

**Das seltsame Licht hatte jedoch etwas in ihr geweckt.** Einen Gedanken, den sie lange verdrängt hatte: Was, wenn die Antworten tatsächlich hier draußen lagen? Warum war Alessio so misstrauisch, wenn sie sich in diesen Wald wagte, obwohl er direkt hinter dem Palast lag?

Warum bestand er darauf, sie unter dem Vorwand eines Kindes gefangen zu halten? **Was fürchtete er so sehr?**

Ihre Gedankengänge wurden jäh unterbrochen.

Ein dumpfer Puls vibrierte durch den Waldboden, kaum wahrnehmbar und doch spürbar unter ihren Stiefeln. Es begann beinahe sanft, wie ein entferntes Herzschlagen unter der Erde, so zart, dass sie es fast überhört hätte.

Doch die sanft flatternden und raschelnden Blätter in den Baumwipfeln waren ein deutlicher Hinweis: **Etwas Ungewöhnliches war passiert.** Es fühlte sich an, als wäre etwas durch den Wald geflogen – schneller, als sie es mit ihren Sinnen ergreifen konnte.

Und dann baute sich die Schwingung auf, bis sie unübersehbar war. **Eine sichtbare Erschütterung** durchlief die Bäume und ließ Äste erbeben; sogar die Stämme erzitterten spürbar. Mit einer plötzlichen, synchronen Bewegung erhoben sich Vogelschwärme in panischer Hast, ihre Flügel schwirrten durch die auf einmal beängstigende Stille, die sich über den Wald legte. Ein kalter Schauer lief Neveah über den Rücken.

Sie erstarrte. Ihre Hand wanderte instinktiv zu ihrem Unterleib, während ihre Augen hastig die Umgebung absuchten.

**Die Luft war schwer und feucht geworden.** Der nächtliche Wind war längst abgeklungen, aber die Bäume zitterten noch immer, ihre Äste wiegten sich chaotisch hin und her. Ihre Instinkte, die normalerweise Alarm schlagen sollten, blieben eigenartig ruhig. Kein Drang zu fliehen, kein Impuls zu kämpfen – sie spürte nur Stille. Ihre Beine waren, gleichsam gegen ihren Willen, wie angewurzelt.

Etwas stimmte nicht. Und es war nicht der Wald selbst.

Es war... etwas anderes.

Sie spürte es auf subtile Art, wie ein unsichtbares Gewicht, das sich schwer auf ihre Schultern legte. Plötzlich ertönte ein dumpfer Schlag hinter ihr, und ein massiver Schatten fiel über das Unterholz.

**Die Erde ächzte, so tief, dass sie die Vibration in ihren Knochen spürte.** Eine Welle aus Hitze strich über ihren Rücken, die Luft im Wald heizte sich mit unangenehmer Plötzlichkeit auf, und Schweißperlen zeichneten sich auf ihrer Stirn ab.Neveah drehte sich nicht sofort um. Sie konnte es nicht.

Ihre Glieder fühlten sich wie erstarrt an, ihr Verstand wirbelte schneller, als sie es fassen konnte.

Doch als sie sich schließlich umdrehte ...

kam jedwede Bewegung zum Stillstand. Der Wald, ihre Atemzüge und ihr eigener Herzschlag. Für einen Moment war die Welt völlig lautlos – erstarrt vor Furcht angesichts einer Bestie aus Albträumen.

Ein Berg gewaltiger Glieder, Flügel, die den grenzenlosen Himmel überspannten, Klauen größer als alles, was sie je gesehen hatte, und Reihen dunkelroter Schuppen, die im Mondlicht schimmerten.

Ein nächtlicher Schrecken, der lebendig geworden war.

Ihr Herz wurde schwer und bebte in ihrer Brust. Sie wartete darauf, dass ihre Instinkte die Überhand gewännen, dass sie ihr befahlen, sich selbst zu retten – obwohl es längst zu spät war.

Denn schon der Anblick dieser Klauen und Flügel sagte ihr, dass sie nicht weit kommen würde. Wenn sie überhaupt in der Lage wäre, ein paar Schritte zu machen.

Langsam wanderte ihr Blick nach oben, bis ihre Augen in jene großen, rubinroten Iriden starrten. Die Bestie hatte das Mondlicht verdrängt, eingehüllt in dunkle Schatten, und dennoch erwiderte sie ihren Blick – der Kopf erhoben in der eleganten Überlegenheit eines Wesens, das die Welt beherrschte und im selben Atemzug zerstören konnte.

Ihre Blicke trafen sich, und die Nacht pulsierte vor etwas ... einem Gefühl, das Neveah nicht erkennen konnte.

Einen Moment lang geschah nichts. Niemand bewegte sich, weder die Bestie noch Neveah.

Kein Wort wurde gesprochen. Die Stille dehnte sich aus, zäh vor Beklemmung und der Last des Ungewissen.

Schließlich wich Neveah einen langsamen, bedachten Schritt zurück, und die Bestie fletschte ihre Zähne – ein Strahl weißen Dampfes benetzte ihr Haar und trübte ihre Sicht.

Als sich ihr Blick klärte, hatte die Bestie ihren massigen Kopf herabgesenkt und befand sich nun auf einer Höhe mit Neveahs Augen, kaum eine Haaresbreite außerhalb ihrer Reichweite.

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen und schien für einen Schlag stillzustehen, nur um den unregelmäßigen Rhythmus wieder aufzunehmen. Die Stille war erdrückend und lodernd zugleich, ihr Blut schien vor innerer Erregung zu kochen.

Doch die Bestie hatte sich nicht bewegt. Kein Flügelschlag, keine Geste, nichts.

War sie in Gefahr?

Wenn ja – warum fühlte es sich nicht so an?

Ihre Hände ballten sich zu Fäusten an ihren Seiten, und sie sog scharf den Atem ein, wagte einen Schritt nach vorn, wenn ihre Glieder es zuließen.

Sie taten es.

Die Bestie verfolgte ihre Bewegungen genau. Ein Schritt ... zwei Schritte, drei – dann Halt.

Ein tiefes Grollen erklang aus ihrer Kehle.

Neveah erkannte, dass das Wesen in seinen Bewegungen eingeschränkt war. Die Lichtung war gerade groß genug, um seine enorme Größe zu beherbergen – ein einziger Schritt des Wesens würde Dutzende von Bäumen umreißen.

Zwischen ihnen beiden konnte nur einer sich nähern. Und das war nicht die scharlachrot schuppige Bestie.

Sie zögerte. Ihre Fingernägel gruben sich schmerzhaft in ihre Handflächen, während ihr Verstand fieberhaft darum rang, einen Sinn aus all dem zu ziehen.

Dieses überwältigende Gefühl von Vertrautheit löste den Knoten aus Unbehagen in ihrem Inneren – es wärmte die endlose, tief verwurzelte Kälte, die sie selbst nie hatte erreichen können.

Was war dieses hohle Gefühl? Diese pochende, ungreifbare Sehnsucht?

Sie wusste es nicht, sie konnte es nicht entschlüsseln. Und dennoch wagte sie einen weiteren Schritt ...

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