Incubus Leben in einer Welt von Superkraft-Nutzern
Chapter 391: Dann stellen wir sicher, dass es dieses Haus... oder ihn nicht berührt 2
CHAPTER 391: DANN STELLEN WIR SICHER, DASS ES DIESES HAUS... ODER IHN NICHT BERÜHRT 2
Liliths Lippen verzogen sich leicht, doch es war kein echtes Lächeln. Es lag keine Wärme darin, nur eine scharfe Kante. „Vorhersehbares Chaos", murmelte sie.
„Es ist trotzdem Chaos. Das macht ihn gefährlich. Nicht Geduld. Nicht Klugheit. Nur die Art, wie er Fäulnis schneller verbreitet, als wir sie wegkratzen können."
Die Karte auf dem Tisch bewegte sich leicht, pulsierend mit einem sanften roten Glühen entlang einer der eingezeichneten Routen.
Etwas bewegte sich in weiter Ferne, nicht nahe genug, um sie zu berühren, aber nah genug, um gespürt zu werden. Die Lichtlinien krochen langsam über das Pergament wie Adern, die Blut transportieren.
Elowens Augen folgten dem Flackern. Sie wirkte nicht überrascht. „Dann beginnt es bereits. Seine Bauern bewegen sich schneller als erwartet."
„Bauern schneiden genauso Kehlen durch", antwortete Lilith. Ihre Stimme war tiefer geworden, aber ohne jede Sanftheit.
Die Kammer wurde wieder still, obwohl es nicht die Art von Stille war, die entsteht, wenn nichts mehr zu sagen bleibt.
Die Stille war erfüllt von Gedanken, mit dem Gewicht der Dinge, die keine der beiden Frauen laut aussprechen musste. Zwischen ihnen waren Worte nicht immer notwendig.
Der Studienraum selbst trug diese gleiche Schwere. Jede Wand war gesäumt von Regalen, die unter dem Gewicht von Folianten und Schriftrollen durchhingen.
Kerzenlicht flackerte über die Buchrücken von Werken, die geschrieben wurden, bevor Könige lernten, Jahre zu zählen.
In die Steinwände geätzte Siegel gaben ein schwaches, stetiges Summen von sich, Schutzsiegel, die so tief geschichtet waren, dass es Stunden dauern würde, auch nur eines zu entwirren.
Der Tisch zwischen ihnen war vom Gebrauch zerkratzt, obwohl seine Politur im sanften goldenen Licht noch schwach schimmerte.
Nach einer Weile durchbrach Elowens Stimme die Stille. Sie sprach diesmal sanft, ihr Ton weicher als die Schutzsiegel, die schwach um sie herum pulsierten. „Du sorgst dich zu offensichtlich. Um ihn."
Liliths Blick richtete sich auf sie, wieder scharf, obwohl darunter etwas weniger Hartes verborgen lag. „Tatsächlich?"
„Ja", sagte Elowen schlicht. In ihren Worten lag kein Urteil, nur einfach ausgesprochene Wahrheit. „Du versuchst, so zu klingen, als ob nicht, aber deine Stimme verändert sich, wenn es um ihn geht."
Lilith lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Das Holz knarrte leicht, als ihre Schultern dagegen drückten.
Ihre Nägel tippten gegen die Armlehne, langsamer jetzt als zuvor, jeder Laut gleichmäßig und bedacht.
„Er ist nicht bereit für das, was im Dunkeln wandelt", sagte sie leise. „Und das sollte er auch nicht sein müssen."
Elowens Lippen verzogen sich, die schwächste Spur eines Lächelns. „Und doch ist er es. Mehr als du zugibst. Mehr als du dir selbst laut zu sagen erlaubst."
Lilith antwortete nicht sofort. Ihre purpurnen Augen wanderten zurück zu den glühenden Linien auf der Karte, beobachteten das Licht, das entlang der eingezeichneten Routen pulsierte wie Fäden, die sich um die Welt spannten.
Sie folgte einer Kurve bis zum Ende, dann einer weiteren, zeichnete Muster in ihrem Geist. Als sie schließlich sprach, war ihre Stimme tiefer, ruhiger, aber mit einer eisernen Kante.
„Selbst wenn das stimmt, werde ich nicht zulassen, dass der Sturm ihn erreicht, bevor es nötig ist."
Elowens Blick verweilte auf ihr, silbergrüne Augen ruhig, aber stetig. Sie unterbrach nicht. Sie wartete und gab Lilith den Raum, zu Ende zu sprechen.
Dann verlagerte sie ihren Fokus zu den Regalen, die schwer von alten Folianten waren, ihre Stimme sanfter, aber auf ihre eigene Weise schwerer.
„Und meine Töchter", sagte sie. „Everly und Evelyn. Sie werden ins gleiche Feuer gehen."
Die Namen der Mädchen brachten eine andere Art Gewicht in den Raum.
Liliths Ausdruck wurde für einen Moment weicher, ihre purpurnen Augen verloren etwas von ihrer Schärfe. „Du verbirgst es gut."
Elowen erwiderte mit dem schwächsten Lächeln. „Nur vor anderen. Nicht vor dir."
Die Luft zwischen ihnen fühlte sich schwerer an, erfüllt von einer Art Verbundenheit, die nicht laut ausgesprochen werden musste.
Sie waren nicht nur Anführerinnen oder Beschützerinnen. Sie waren Frauen, die Zukunft auf ihren Schultern trugen, sowohl für den Jungen als auch für die Töchter, die bald neben ihm stehen würden.
Es war nicht Blut, das sie verband, sondern etwas, das dem Verstehen näher kam.
Die Karte pulsierte erneut, diesmal heller, und zwang ihre Aufmerksamkeit zurück darauf. Lilith hob ihre Hand ohne zu zögern.
Ihre Finger bewegten sich durch die Luft, zeichneten Sigille mit geübter Präzision. Jede Linie des Symbols leuchtete schwach auf, als sie erschien, und versank dann im Pergament.
Die gesamte Karte faltete sich ordentlich zusammen, die glühenden Linien verschwanden nacheinander, bis das Papier dunkel wurde. Mit einem letzten Handgelenkschwung zerfiel das Pergament zu Asche.
Die Asche verstreute sich in der Luft, bevor sie den Boden berühren konnte, und verschwand vollständig.
„Vorerst", sagte sie mit gleichmäßigem, aber festem Ton, „warten wir. Aber Warten bedeutet nicht Vergessen. Er bewegt sich. Wir bewegen uns leise."
Elowen neigte ihren Kopf leicht, ihr silbernes Haar fing das Leuchten der Kerzen ein und glänzte wie Metallfäden.
„Und wenn die Zeit kommt", sagte sie, beständig wie Stein, „schneiden wir die Wurzeln ab, bevor sie Halt finden können."
Die in die Steinwände eingravierten Schutzsiegel gaben ein schwaches Summen von sich, versiegelten ihre Worte, als hätte der Raum Schweigen versprochen.
Keine der beiden Frauen griff nach einer anderen Karte. Das Glühen war verblasst, und die Regale um sie herum standen schweigend, schwer von Wissen.
Lilith hob ihre Hand erneut, diesmal mit einer kleineren, einfacheren Geste. Zwei Kristallgläser erschienen auf dem Tisch.
Sie füllte sie mit dunklem Wein, der im Licht der Lampe schimmerte. Die Flüssigkeit trug einen schwachen Schimmer, reicher als jedes Getränk für Sterbliche bestimmt.
Sie schob ein Glas über den Tisch. Elowen nahm es mit ruhiger Anmut, ihre Finger streiften für einen Moment Liliths, als das Glas zwischen ihnen überging.
Sie tranken nicht sofort. Sie ließen die Gläser in ihren Händen ruhen, der Wein glühte schwach im Kerzenlicht. Die Stille kehrte zurück, aber sie war diesmal nicht schwer. Sie war leiser, langsamer, erfüllt von Gedanken.
Lilith klopfte leicht mit einem Nagel gegen ihr Glas, der Klang war klein gegen das dicke Holz des Tisches.
Ihre Augen wanderten wieder zu der Stelle, wo die Karte gewesen war. Elowen lehnte sich zurück und hielt ihr Glas zwischen beiden Händen.
Ihre Gedanken waren ihre eigenen, aber die Furche in ihrer Stirn sprach Bände.
Die Kerzen brannten gleichmäßig, ihre Flammen flackerten leicht, aber wankten nie. Ihr Glühen strich über die Stapel von Büchern, die polierten Kanten des Tisches und die silbernen Strähnen in Elowens Haar.
Die Luft roch schwach nach altem Pergament, geschmolzenem Wachs und dem scharfen Aroma des Weins in ihren Händen.